Erstmals
wurde in diesem Jahr der „Jazzpreis Brandenburg“ verliehen. Preisträger Willi Kellers sorgte schon in zahlreichen Bands wie „Ruf der Heimat“ oder „Boom Box“ mit seinen Trommelstöcken für die nötige
Schubkraft. Dass sich das Free-Jazz-Ideal der Siebzigerjahre in die Jetztzeit katapultieren lässt, ohne dabei an Intensität einzubüßen, beweist Kellers in seiner aktuellen Gruppe „The Circle“. Das
hochenergetische Saxophonspiel eines Hans-Peter Hiby – knurrig, knisternd, knatternd – erinnert bisweilen an die hymnisch-ekstatischen Ausbrüche eines Albert Ayler, kongenial unterfüttert von Kellers
insistierendem Schlagwerk-Klopfen.
Peter Kemper Frankfurter Allgemeine Zeitung 24.08.2024
Heute ging es nach der Sommerpause ("aber was heißt schon Sommerpause", sagte Warnfried Altmann, "hier im Forum Gestaltung war auch im Sommer immer was los") gleich kräftig zur Sache, mit zwei Schlagzeugern, zwei Saxophonen und einem Bass:
H.P. Hiby sax, J. Dikeman sax, R. Askari bass, W. Kellers drums, S. Hano drums
Für diese ungewöhnliche Besetzung begann das Konzert überraschend leise. Die Musiker hatten zu Beginn den Bass in den Vordergrund gestellt, Bass solo, und so sanft habe ich einen Bass schon lange nicht spielen gehört. Reza Askari lässte seinen Bogen leicht auf die Saiten prallen, erzeugt leise gestrichene Töne, teils auch im Obertonbereich der Saiten, Glissandi, meditative Klänge.
Etwas später setzen Hans Peter Hiby und John Dikeman mit ihren Saxophonen ein, überaus kräftig, wie sie sich beide gegenseitig steigern. Dazu dann Willi Kellers und Shōji Hano am Schlagzeug. Gerade bei den Schlagzeugern merkt man die unterschiedliche musikalische Herkunft, wenn Shōji Hano mit kräftigen Trommeln und leisen Percussionklängen mit seinem europäischen Kollegen interagiert. Aus alldem entsteht ein Urozean von Tönen und Klängen, aus denen mit ungeheurer Energie neues entsteht. "Metaphysik" nennt es Willi Kellers und sagt, "irgendwann fangen die Instrumente selbst an zu spielen".
Diese Kraft zu hören, ja sie geradezu leibhaftig zu spüren, ist auch unten im Zuschauerraum ein Erlebnis. Es ist, als säße man mittendrin in der Musik, in einem musikalischen Organismus. Sicher auch ein Vorteil des relativ kleinen Raumes, in dem der Schall aus allen Richtungen zu spüren ist. Natürliche Quadrophonie von den bis auf den Bass unverstärkten Instrumenten. Die Musiker spielen die beiden Sets mit jeweils nur einer kurzen Pause, mit langen Musikstrecken, in denen es viel Raum für freie Improvisationen gibt.
Der begeisterte Applaus am Ende des Konzertes hätte eigentlich eine Zugabe gefordert. Aber nach der langen, intensiv gespielten und erlebten Musik war der Schlusspunkt an genau der richtigen Stelle gesetzt.
Thoralf
Winkler
Westdeutsche Zeitung 05.09.2022 Daniel Diekhans
Auch das Set mit Marino Pliakas, Fred Lomberg Holm, Hans Peter Hiby und Camille Emaille am letzten Abend lässt keine Wünsche offen. Camille Emaille gibt auch hier die Richtung vor. Und die lautet: fast forward. Ihre drei Mitspieler gönnen sich kaum Pausen, treiben sich zu Höhenflügen, ohne den Gesamtsound zu überfrachten. Bass und Cellosind im ständigen, sich steigernden Dialog. Hiby`s Saxofonspiel, mal lyrisch auf dem Alt, dann wieder stürmisch auf dem Tenor, fügt sich nahtlos ein.
Holger Pauler freistil Nov./Dez. 2021
And what an album Roots is. The music is completely improvised, Hiby only said that he also wanted some shorter tracks, not just an endlessly long session. On the one hand there are the
full throttle pieces like “Riff-Raff“, the opener, “Ding an sich“ and “King Falafel“. Hiby ejects smeared phrases, crassly overblown lines and vibrato-drunk notes as if he wants to express
everything that’s been in him for the last 17 years. There’s no time to grab a breather, it’s 100% pure joy, breakneck speed, real fire music. On the other hand there are the balladesque and
contemplative ones, “Roots“, “Timeless“, “P.J.“ (dedicated to Hiby’s son) and “Noumenon“. These tracks are clearly influenced by gospels and the blues, even melodies of Brötzmann’s later albums
shine through. Hiby is rather playful here, the band oscillates between spirituality and a certain cool nervousness. “The Worm“, the largest track, brings the two worlds together - the
scintillating sounds, blurred themes and motives that rise from the low registers to jubilant screams. All this is accompanied and supported by Bardon and Hession, who protect the ballads from
getting too dreamy by setting sharp counterpoints and who support Hiby’s runs with feverish arcoing and rumbling rhythms during the wilder tracks.
Roots is my comeback album of the year, it’s a real treat for fans of Dave Rempis, Mats Gustafsson or Ken Vandermark.
Martin
Schray
Nun ist sie da, seine neue CD mit dem Titel „Roots“. Aufgenommen wurde sie vergangenes Jahr im Juni im Tonstudio im Kölner Loft. Acht Titel ganz unterschiedlicher Länge sind auf ihr enthalten. Das kürzeste Stück („Noumenon“) dauert etwas weniger als eine Minute, das längste („The Worm“) etwa 19 Minuten. Zwei erstklassige Musiker sind mit dabei: Kontrabassist Michael Bardon und Schlagzeuger Paul Hession. Die Freunde der frei improvisierten Musik kommen beim Anhören voll auf ihre Kosten. Denn die drei Musiker harmonieren glänzend miteinander. Exzellent passen wirbelnde, komplexe Schlagzeugfiguren und kunstfertige Bassriffs zu Hibys kraftvollem, energiegeladenem Spiel. Gibt es dagegen ruhige, kontemplative Saxophonklänge, etwa bei der Nummer „P.J.“, gehen Bardon und Hession sehr gefühlvoll mit ihren Instrumenten um. Auch der perfekte Umgang mit musikalischer Spannung und Entspannung wie fließenden Dynamiken zeugen von einem kongenialen Verständnis füreinander.
Hartmut Sassenhausen Westdeutsche Zeitung 03.03.2018
Platzhirsch Festival Duisburg 23.11.2018
Ein frühes Highlight im Programm war das Stefan Keune Quartett in der Kirche St. Joseph. Neben dem Saxofonisten Keune standen noch ein weiterer Saxophonist (H.P.Hiby), ein Schlagzeuger (Martin Blume) und ein Kontrabassist (Hans Schneider) auf der Bühne, und die vier hielten sich nicht lange mit Vorgeplänkel auf.
„Powerplay“ war dem Publikum versprochen worden – es bekam hervorragenden Free Jazz und Musiker, die die klanglichen Möglichkeiten ihrer Instrumente bis zum Äußersten ausreizten. Zwar blitzen hier und da scheinbar komponierte Melodien und Harmonien auf, tatsächlich war die Musik des Quartetts aber vor allem eines: „zum Reinlegen“. Riesige Klangbögen wechselten sich mit filigranen Pianopassagen ab, die Musiker arbeiteten sich mal wild, mal sehr besonnen durch die offenen Stücke. Wer den Mut hatte, die Musikkonventionen für einen Moment loszulassen, wurde mit einem tollen Konzert belohnt.
WAZ 25.11.2018
HIBY-MANDERSCHEID-SAUERBORN
Die Besucher wurden in einen wahren Strom an frei improvisierten Klängen von Schlagzeug
(ein echter Derwisch: Thomas Sauerborn), fünf seitigem Kontrabass (wuchtig: Dieter Manderscheid)
und Saxophon (entfesselt: Hans Peter Hiby) gezogen. Fraglos billiant, wie die drei Musiker ihre Ideen
im Zusammenspiel nahezu über die ganze Instanz von 30 Minuten immer weiter entwickelten.
Wolfgang Weltzdörfer RP Online 9.10.2017
HIBY-BARDON-HESSION TRIO
Tremendous!! This was the last of a four part mini-tour by the group, taking in Scotland
and the Midlands and leaving the best till last for their final performance at the Bridge Hotel.
And what a blast – still full of such brutal energy, constantly driving power and a raw attack
associated with the likes of Peter Brötzmann whom I’d seen over a decade ago, yet the
Hans Peter Hiby performance tonight seemed so much more considered and accessible to me.
And what a performance. They hit the ground running. It was immediately apparent that the
key elements would be hugely energetic and thrilling, yet was soon to be intertwined with nicely contrasting melodic sections
at a slower, albeit temporary pace. All pieces in the concert were mined a similar vein, yet each developed and flowed
differently – each having its own personality and mood.
(Review/photos courtesy of Ken Drew Newcastle 9.11.2016)
Another amazing night of musical pyrotechnics at Fusebox
last night. The firework display was provided by H.P. Hiby,
M. Bardon and P. Hession, who individually where superb and
as a unit were extraodinary. It wasn`t just me and Laura Cole
who thought that this was, with due respect to all of the other
great musicians that we have showcased this year, the most
powerful performance of 2016 and somthing further back.
Review by Bill Chatwin Leeds 5.11.2016
HANS-PETER HIBY TRIO
"Gute alte frei improvisierte Musik bot er mit seinen
alten Hasen: dem Schlagzeuger Paul Hession und
Dieter Manderscheid am Kontrabass. Ganz der alte
Draufgänger ist er nicht mehr. Er schlug nun auch viele
ruhige, zuweilen lyrische Töne an, die er langsam zu
kraftvoll angeblasenen hin entwickelte. Sensibel hörte
das Trio aufeinander und begeisterte mit einem
ausdrucksvollen, intensiven Spiel."
Hartmut Sassenhausen WZ 27.10.2015
"Hiby has a straightahead free-jazz style, very obviously
derived fom Ayler trough Brötzmann."
Yorkshire Artscene
Although arriving from improvisation rather than straight-ahead jazz ( Paul Hession
played Company week in London this year, receiving plaudits from Wire, the
new -music magazine - and the duo was a highlight of the recent Termite Club festival)
Hiby and Hession pick up on the intensity and catharsis of late coltrane. They start from
the pitch of excitement Courtney Pine drives at in long tenor saxophone outing.
"The Real Case" is not cocktail-lounge music, but if you can see through the images
used to market black jazz in England, it is clearly not the other end of the world from
Courtney Pine either. Both Hiby and Pine want the excitement that comes from pursuing
a clear idea: they want to concentrate, not decorate. Hession`s sparing use of the bass
drum gives the music a speed and grace not far removed from the thunder of Elvin Jones in Coltrane`s classic quartet.
"Fluster" has Hiby expanding a trill-like motif, keeping cotherence despite a pushy, hysterical edge. "I Won`t Stop My
Bubbles" is different, rippling bubbles from a detached mouthpiece submerged in water, flobbing wet pops and slobbers
entangels in pattering drums. Some of the stranges noises I`ve heard on vinyl. The drums are brilliantly recorded: you
can hear Hession`s exceptional exploitation of timbre. On the last track Hiby relaxes, becomingalmost modal, returning
to the same ecstatic note like an improvising muezzin. Peter Brötzmann designed the cover,and its forthright insistence
on paint and shape is a good indication of the contents. Ben Watson 25 Nov. 1988 Leeds
"Der Wuppertaler Hans Peter Hiby befreite sich für
meine Ohren endgültig aus dem immer wieder
herbeizitierten Schlagschatten von Brötzmann.
Mit einer Art ekstatischem Serialismus reflektierte
Hiby zwar sowohl Brötzmann und Ayler, aber auch
so kontrollierte und perfektionierte Spielhaltungen
wie die von Evan Parker und/oder John Butcher."
WAZ
"Hans Peter Hiby spielt sensibel ausgehorcht, eigenständig
und virtuos."
WDR
"Die komplexen Strukturen seiner Improvisationen
verraten bei aller explosiven Dynamik einen hohen
Grad an Sensilibität und erzählerischen Ausdruck."
Schurr/Löwen Magazin
"Hiby bläst sein Saxofon mit einer Urgewalt,
wie man sie seit Brötzmann nicht gehört hat."
WAZ